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4.14 Wirtschaft und Technologie

Am Ende doch Novellierung der Gewerbeordnung

Das Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften wurde verabschiedet 173a. Mit dieser Gesetzesänderung werden endlich datenschutzrechtliche Vorschriften in die Gewerbeordnung aufgenommen. Die bisherigen Vorschriften stellten keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung der Gewerbeämter dar. Es gab nur wenige Normen, die datenschutzrechtliche Regelungen enthielten - wie beispielsweise die Regelungen zum Gewerbezentralregister in den §§ 149 ff. Gewerbeordnung (GewO).

In § 11 GewO sind Regelungen zur Datenerhebung, Datenübermittlung, Sperrung, Löschung und Nutzung enthalten. Der Grundsatz, daß Daten in erster Linie beim Betroffenen selbst zu erheben sind und nur in gesetzlich geregelten Fällen bei anderen Stellen erhoben werden dürfen 174, ist hier übernommen worden. Von großer Bedeutung sind die Datenübermittlungsregelungen bei den anzeigepflichtigen Gewerben in der Neufassung des § 14 GewO. Hier werden differenzierte Regelungen zur Datenübermittlung getroffen, die insbesondere auch die regelmäßig stattfindenden Datenübermittlungen bei Gewerbeanzeigen an die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer, die für den Immissionsschutz zuständigen Behörden und andere benannte Stellen auf eine rechtliche Grundlage stellt. Von Bedeutung ist auch die Ergänzung des § 35 Abs. 4 GewO, d.h. die Regelung der Gewerbeuntersagung bei Unzuverlässigkeit. Durch eine Ergänzung der Norm ist jetzt sichergestellt worden, daß bei der Anhörung von Aufsichtsbehörden, der IHK oder eines Prüfungsverbandes in Untersagungsverfahren wegen Unzuverlässigkeit nur die zur Abgabe einer Stellungnahme erforderlichen Unterlagen übersandt werden dürfen. Damit wird der üblichen Praxis, den gesamten Vorgang zu übersenden, ein datenschutzrechtlicher Riegel vorgeschoben.

Bei den Vorschriften zum Gewerbezentralregister wird mit § 150 b GewO eine Regelung für die wissenschaftliche Forschung getroffen. Hier wurde die beabsichtigte Regelung des § 42 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) übernommen. Eine Auskunft aus dem Register zu Forschungszwecken ist danach nur dann zulässig, wenn das Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluß der Auskunft erheblich überwiegt. Wenn es möglich ist, soll die Auskunft zudem in anonymisierter Form erteilt werden.

Ein Wermutstropfen ist die Regelung über das Inkrafttreten des Gesetzes. § 11 GewO sowie die Änderungen der §§ 35, 150 b GewO werden drei Monate nach der Verkündung des Gesetzes in Kraft treten. Dagegen wird der geänderte § 14 GewO erst 13 Monate nach Verkündung in Kraft treten, ebenso die Änderungen des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern.

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Die verlorengegangenen Gewerbeakten

Bei der Renovierung der neu angemieteten Räume eines Radiosenders machten Handwerker einen Fund: In unverschlossenen Schränken und einigen Umzugskartons fanden sie ca. 200 recht alte Gewerbeakten. Die Akten enthielten sensible personenbezogene Daten wie Gaststättenerlaubnisse, Mietverträge oder Strafregisterauszüge. Die Akten stammten aus den 40er, 50er, 60er und 70er Jahren. Die meisten Akten waren in den 60er Jahren abgeschlossen worden.

Nach § 17 Abs. 3 BlnDSG sind personenbezogene Daten zu löschen, wenn ihre Kenntnis für die datenverarbeitende Stelle zur rechtmäßigen Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben nicht mehr erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme besteht, daß durch die Löschung schutzwürdige Belange des Betroffenen beeinträchtigt werden. Die Akten waren zur Aufgabenerfüllung des Gewerbeamtes nicht mehr erforderlich. Auch die internen Aufbewahrungsfristen des Gewerbeamtes waren längst überschritten. Zur Kontrolle der Aufbewahrungsfristen sieht § 86 Abs. 3 Gemeinsame Geschäftsordnung der Berliner Verwaltung (GGO I) eine regelmäßige Kontrolle der Aufbewahrungsfristen und nach § 86 Abs. 1 Satz 1 GGO I die Führung eines Aktenverzeichnisses vor. Diese regelmäßige Aktenkontrolle hatte nicht stattgefunden.

IHK und Steuerdaten

Zahlreiche Gewerbetreibende erhielten in diesem Jahr einen Beitragsbemessungsbescheid der IHK, der einen deutlich höheren Beitrag als in den vergangenen Jahren auswies. Sie stellten bei genauerem Hinsehen fest, daß der Beitrag sich auf Steuerdaten bezog, die sie gegenüber der Industrie- und Handelskammer nicht angegeben hatten. Für viele stellte sich daher die Frage, ob die IHK auf dem Steuergeheimnis unterliegende Steuerdaten für die Beitragsbemessung zurückgreifen darf.

Die IHK ist berechtigt, zur Festsetzung der Kammerbeiträge die erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzämtern zu erheben. Als Bemessungsgrundlage für den Mitgliedsbeitrag dient nach § 3 Abs. 3 Satz 3 Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHK-G) der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder der nach dem Einkommenssteuer- oder Körperschaftssteuergesetz ermittelte Gewinn aus dem Gewerbebetrieb. Die IHK kann diese Daten zur Berechnung des Kammerbeitrages entweder nach § 9 Abs. 2 IHK-G bei den Finanzbehörden erheben oder nach § 3 Abs. 3 Satz 5 IHK-G die Kammermitglieder um Auskunft ersuchen. Die IHK ist sogar berechtigt, Geschäftsunterlagen einzusehen, die sich auf Grundlagen beziehen, die der Festsetzung des Kammerbeitrages dienen.

Auf der anderen Seite sind die Finanzbehörden nach § 31 Abgabenordnung (AO) berechtigt, Besteuerungsgrundlagen und Steuermeßbeträge Körperschaften des öffentlichen Rechts - und dazu zählt auch die IHK - mitzuteilen, sofern sie zur Festsetzung solcher Abgaben dienen, die an diese Besteuerungsgrundlagen anknüpfen.

Zwar waren auf den Beitragsbescheiden der IHK einige Rechtsgrundlagen angegeben, es fehlten jedoch die Rechtsgrundlagen der für die Bürger ja besonders gravierenden Erhebung der Steuerdaten.

4.15 Wissenschaft und Forschung

Bummelstudenten werden zur Kasse gebeten

Unter dieser und ähnlichen Schlagzeilen wies die Presse Ende 1993 auf eine beabsichtigte Änderung des Berliner Hochschulgesetzes hin. Die schließlich vom Abgeordnetenhaus beschlossene Gesetzesänderung beinhaltete jedoch keine an die Überschreitung der Regelstudienzeiten gebundenen erhöhten Studiengebühren, sondern verpflichtete die Hochschulen, ein System von Pflichtberatungen aufzubauen. Daraufhin erließ der Akademische Senat der Freien Universität im Januar 1994 eine Satzung für Studienangelegenheiten. Sie verpflichtete die Studenten, an bestimmten besonderen Prüfungsberatungen teilzunehmen. Für das Wintersemester 1994/1995 wurden 15.500 "Langzeitstudenten", also Studenten, die die gesetzlich vorgeschriebene Regelstudienzeit um mehr als zwei Semester überschritten haben, zu einer obligatorischen Prüfungsberatung aufgefordert.

Dieses Beratungsverfahren ist durch die Änderung des Hochschulgesetzes und die ergänzenden Regelungen in der Satzung zum Bestandteil des Rückmeldeverfahrens geworden. Die Prüfungsberatungen wurden durch "prüfungsberechtigte Hochschulangehörige", in der Regel also durch Professorinnen und Professoren, durchgeführt. Die als Nachweis für die durchgeführte Prüfungsberatung vom Prüfungsberechtigten und vom Dekan auszustellende Bescheinigung ist, was die Pflichtangaben betrifft, ausschließlich auf den Nachweis von Studien- und Prüfungsleistungen beschränkt. Zwei Zeilen sind für freiwillige Angaben des Studierenden vorgesehen, auf denen er auf persönliche, den Studienablauf beeinträchtigende Umstände verweisen kann. Die von uns geprüften Unterlagen deuteten auf eine sparsame, lediglich den Nachweis des stattgefundenen Gesprächs vermerkende Datenerhebung hin. Inhalt und Dauer des Gesprächs wurden nicht dokumentiert. Generell wiesen die Unterlagen sowohl auf einen datenschutzgerechten Umgang der beratenden Professorinnen und Professoren mit den personenbezogenen Daten als auch auf ein großzügiges Herangehen an die Problematik hin. Dazu wird auch beigetragen haben, daß die Studenten ihre Berater selbst wählen durften bzw. diese ihnen durch eine Buchstabenzuordnung zugewiesen wurden. Selbst bei einer Zuweisung war die Wahl eines anderen Beraters nicht ausgeschlossen.

Nach erfolgter Beratung und anschließender Rückmeldung wurden die Unterlagen an die Studenten verschickt. Die Beratungsnachweise wurden anschließend, wenn sich nicht durch den Abschluß des Studiums oder eine Exmatrikulation auf eigenen Wunsch die nach Jahresfrist vorgeschriebene erneute Prüfungsberatung erübrigt, an die Fachbereiche zurückgesandt. Hier werden diese Nachweise als Grundlage für die nach einem Jahr zu wiederholende Prüfungsberatung verwahrt. Gegenstand dieser erneuten Beratungen, die erstmals zum Wintersemester 1995/1996 einsetzen werden, ist dann der Nachweis eines Studienfortschritts des Studenten. Dann ist eine Exmatrikulation von Amts wegen vorgesehen, wenn durch den Studierenden weder ein Studienfortschritt noch persönliche einen Studienfortschritt behindernde Gründe nachgewiesen werden. Wir werden auch dieses Verfahren datenschutzrechtlich überprüfen.

Studentendaten

Die Technische Universität hat entsprechend den Anforderungen des Berliner Hochschulgesetzes den Entwurf einer Rahmenordnung über die Diplom- und Magisterprüfungen vorgelegt. Der behördliche Datenschutzbeauftragte wurde frühzeitig einbezogen, so daß der vorliegende Entwurf eine aus unserer Sicht vorbildliche Datenschutzregelung zum Umgang mit Prüfungsakten enthält. Darin werden zunächst die Datenverarbeitungsbefugnis der Prüfungsausschüsse, darüber hinaus aber auch Löschungsfristen und Einsichtsrechte geregelt. Überdies wird der Forderung nach einer anonymisierten Geschäftsstatistik entsprochen.

Ein Hinweis war Anlaß für uns, die Promotionsordnungen der Berliner Universitäten und der Hochschule der Künste hinsichtlich ihrer Befugnisse zum Erheben personenbezogener Daten zu überprüfen. Dabei stellten wir zum Teil erhebliche Unterschiede beim Umfang der zu erhebenden Daten fest. Auch der Zeitpunkt, zu dem diese Daten erhoben werden, differierte stark. So waren in einigen Fällen die Erhebungen an den Zulassungsantrag, in anderen wieder an die einzureichende Dissertation sowie mitunter auch an beide Zeitpunkte gebunden. Wir baten die Hochschulen, die Erforderlichkeit zu überprüfen. Für unverhältnismäßig halten wir es, den Lebenslauf zu einem festen und damit unbegrenzt öffentlich zugänglichen Bestandteil der Dissertation zu machen sowie allgemeine, nicht auf den wissenschaftlichen Werdegang zielende Lebensläufe und Lichtbilder zu verlangen. Wir gehen davon aus, daß die in den Promotionsordnungen festgelegten Datenerhebungen fallweise mit anderweitig anstehenden Änderungen der Promotionsordnungen bereinigt und vereinheitlicht werden können.

Polizei in der Hochschule

Mitunter wenden sich Polizeibehörden an Hochschulen und bitten diese im Rahmen von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren um Auskünfte zu einer bestimmten Person. Zu solchen Auskünften an die Polizei ist die Hochschule berechtigt, soweit sie der Auffassung ist, daß die verlangten Informationen zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens erforderlich sind. Verpflichtet zur Auskunftserteilung ist die Hochschule aber nur gegenüber der Staatsanwaltschaft bzw. den in ihrem Auftrag handelnden Polizeibeamten.

In einem Fall verlangte die Staatsanwaltschaft von einer Hochschule, die Daten aller Studenten auszuliefern, auf die ein bestimmtes Geburtsjahr, ein bestimmtes Studienfach und ein Bezirk in Berlin zutreffen. Die Universität hat festgestellt, daß diese Merkmale nicht auf eine Person, sondern eine große Zahl von Personen zutreffen. Ein solches Ansinnen bezieht sich jedoch nicht auf eine Auskunftserteilung im Einzelfall, sondern auf eine Rasterfahndung nach § 98 a der Strafprozeßordnung, die einer richterlichen Anordnung, zumindest aber einer schriftlichen Anordnung der Staatsanwaltschaft bei Gefahr im Verzuge und anschließender richterlicher Bestätigung bedarf. § 98 a Strafprozeßordnung ist auch dann anwendbar, wenn eine datenverarbeitende Stelle anhand von Merkmalen, welche die Polizei oder die Staatsanwaltschaft liefern, aufgrund einer maschinellen Recherche in den eigenen Datenbeständen Informationen zur Übergabe an die Staatsanwaltschaft finden soll.

Forschung

Einen erheblichen zeitlichen Aufwand erforderte von unserer Dienststelle im vergangenen Jahr wiederum die Beratung von Forschern. Aus diesem Grunde hielten wir es für notwendig, zum Datenschutz in Wissenschaft und Forschung 175 erneut eine eigene Veröffentlichung herauszugeben. Mit diesem Heft sollen den Forschern Wege aufgezeigt werden, wie die Kollision der Grundrechte Forschungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung auf dem Wege der praktischen Konkordanz überwunden werden kann. Nicht selten hängt der Erfolg eines wissenschaftlichen Forschungsvorhabens davon ab, wie es dem Forscher gelingt, den "Beforschten" als Partner zu sehen und einzubeziehen. Auch wenn das einzelne Forschungsvorhaben nicht auf anonymisierte Daten oder die Einwilligung des Betroffenen gestützt werden kann, sind unter bestimmten Bedingungen gesetzlich fixierte Forschungsklauseln (auch Forschungsprivilegien genannt) anwendbar.

Einen Schwerpunkt unserer Beratung bildete die Forschung in der Schule. Nach den Datenschutzregelungen im Schulgesetz bedarf es hier der Einwilligung der Erziehungsberechtigten bzw. volljährigen Schüler und der Genehmigung durch die Senatsschulverwaltung. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden wir frühzeitig eingeschaltet; die Erhebungen konnten von den Wissenschaftlern weitgehend ohne Probleme durchgeführt werden. Seitens der Eltern trifft dieses Verfahren auf breite Zustimmung.

Ein Viertel der Schülerbefragungen hatte die Gewaltproblematik zum Gegenstand. Eine Schwierigkeit dieser Untersuchungen bestand darin, solche Fragestellungen zu finden, mit denen die Schüler sich bei richtiger Beantwortung nicht einer Straftat bezichtigen. Eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz ist eine konsequente und für die betroffenen Schüler wie auch für die Eltern nachvollziehbare Anonymisierung. Um dies zu sichern, nahmen die Lehrer die Einwilligungserklärungen der Eltern entgegen und verwahrten diese für einen bestimmten Zeitraum. Die Lehrer stellten sicher, daß nur Kinder und Jugendliche an den Befragungen teilnahmen, deren Eltern ihre Einwilligung gegeben hatten. Die Wissenschaftler erhoben nachfolgend die Daten unmittelbar bei den Kindern und Jugendlichen in Abwesenheit der Lehrer. Damit war schon zum Zeitpunkt der Erhebung eine weitgehende Anonymisierung gegeben, die durch die Wissenschaftler in der nachfolgenden Aufbereitung verstärkt wurde.

Von den etwa 70 im vergangen Jahr beratenen Forschungsvorhaben entfiel neben dem Drittel Schulforschung ein weiteres Drittel auf den Bereich Gesundheit. Darüber hinaus ging es vor allem um zeit geschichtliche und historische Forschungen sowie um Untersuchungen zur Stadtentwicklung und sozialen Struktur. Als besonders schwierig erwiesen sich Forschungsvorhaben, die entweder zu Beginn der Untersuchungen ohne Einwilligung oder gänzlich ohne diese durchgeführt werden mußten. Neben der Beratung der Forscher war es notwendig, mit der betreffenden Behörde, deren Daten ohne Einwilligung der Betroffenen zu Forschungszwecken verwendet werden sollten, eng zusammenzuarbeiten. Es galt, ein Prozedere zu finden, das den mildesten Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen darstellt. So konnte beispielsweise im Auftrag der Senatsverwaltung für Soziales eine Evaluationsstudie zur Wirksamkeit der Maßnahmen der "Hilfe zur Arbeit" des gesamten im Jahre 1989 betroffenen Personenkreises durchgeführt werden. Über die Ergebnisse wurde in der Presse berichtet. Ähnlich schwierig gestaltete sich ein Forschungsvorhaben, das die staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für aussteigewillige Prostituierte untersucht.

Bei den bisher erwähnten wissenschaftlichen Vorhaben stand ein von Anfang an klar bestimmter wissenschaftlicher Zweck im Vordergrund. Anders ist die Situation, wenn im Vorfeld der eigentlichen wissenschaftlichen Forschung zunächst "nur" Register bestimmter Personengruppen aufgebaut werden sollen. Im Unterschied zum Krebsregister sollen diese Daten mit Einwilligung der Betroffenen vorgehalten werden. Hier müssen jedoch die Einwilligungserklärungen den Betroffenen eine hinreichende Absicherung gegen mißbräuchliche Nutzungen gewährleisten sowie Widerspruchsrechte einräumen.

In Vorbereitung befinden sich gegenwärtig in Berlin ein Nierenbehandlungsregister, ein Register der Lippen-, Kiefer- und Gaumenspaltenpatienten und ein Zentralregister für kindliche Hörstörungen. Überdies soll durch anonymisierte Datenübermittlung eine retrospektive Datenbank mit den genetischen Daten von nach der Tschernobylkatastrophe aufgetretenen Chromosomenanomalien (Trisomie 21/Mongolismus) entstehen. Hierfür sollen weitgehend anonymisierte Daten der Gesundheitseinrichtungen übermittelt werden. Ähnlich ist auch die nach dem "Mainzer Modell" vorgesehene Erfassung von Fehlbildungen bei Neugeborenen. In beiden Fällen sollen die Datensätze jedoch entweder nachträglich um die vollständige alte (vierstellige) Postleitzahl ergänzt werden oder von vornherein die vollständige neue (fünfstellige) Postleitzahl enthalten. Schon vor Einführung der neuen Postleitzahl hatten wir eine räumliche Zuordnung von Datensätzen (ohne Namen und Anschrift) nur durch die erste Ziffer der alten Postleitzahl für zulässig gehalten, um eine Reidentifizierung weitgehend auszuschalten. Um so problematischer ist die Verwendung der gegenwärtigen fünfstelligen Postleitzahlen, als diese mitunter nur für wenige Einwohner zutreffen. In einer Untersuchung durch das Statistische Landesamt wurde festgestellt, daß zwar in Hellersdorf unter einer Postleitzahl fast 50.000 Einwohner leben, jedoch unter einer anderen Berliner Postleitzahl weniger als 150 Personen melderechtlich registriert sind. Damit bieten die neuen Postleitzahlen in keiner Weise eine hinreichende Sicherheit, eine Deanonymisierung auszuschließen. Dies gilt insbesondere, wenn andere Daten wie Geburtsdatum, Geschlecht und gesundheitliche Besonderheiten zusätzlich gespeichert sind. Lediglich eine um die letzten drei Ziffern gekürzte Postleitzahl würde damit Bedingungen einer faktischen Anonymisierung entsprechen.

Zuletzt geΣndert:
am 08.02.97

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